erstellt am 14.02.2008 von Harald Miltz
Durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs ist in letzter Zeit der Verkauf von Immobiliendarlehen an – zumeist ausländische – Finanzinvestoren in das Blickfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Das Gericht stellte fest, dass solche Abtretungen weder gegen das Bankgeheimnis noch das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen und daher auch ohne Zustimmung des betroffenen Bankkunden zulässig sind.Mit der Entscheidung wurde eine Verhaltenspraxis bestätigt, die im Bankengewerbe immer mehr zum alltäglichen Geschäft geworden ist. Die Banken veräußern ihre Forderungen, um sich auf diese Weise günstig refinanzieren zu können.
Problematisch ist diese Verhaltensweise, soweit es sich um Immobilienkredite handelt, da diese fast immer durch eine Grundschuld gesichert sind und die Grundschuld zusammen mit dem Kredit übertragen wird. In der Bevölkerung – und auch im Mandantenkreis – verbreitet sich nun die Befürchtung, internationale Hedge-Fonds könnten den gesamten Kredit mit sofortiger Wirkung fällig stellen und im Falle der Nichtzahlung die Zwangsversteigerung der Immobilie betreiben.
Diese Mandanteninfo soll über die Hintergründe der Veräußerung von Krediten und die möglichen Folgen hieraus aufklären.
Wo liegt das Problem?
Soweit ein Bankkunde ein Darlehen für den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung aufnimmt, wird der Kredit fast immer durch eine Grundschuld gesichert. Die Grundschuld gibt der Bank das Recht, das Grundstück zu ihren Gunsten zu verwerten.
Das Besondere an der Grundschuld ist nun, dass sie grundsätzlich unabhängig von der Forderung ist, zu deren Sicherheit sie eingetragen wurde (anders als bei der Hypothek – dazu später mehr). Theoretisch könnte die Bank das Grundstück also durch eine Zwangsversteigerung verwerten, selbst wenn die Forderung bereits beglichen wurde.
Um dies zu verhindern schließen Bank und Darlehensnehmer einen Sicherungsvertrag. In diesem wird vereinbart, dass die Bank das Grundstück nur dann verwerten darf, wenn der Darlehensnehmer mit der Zahlung in Verzug geraten ist und dass die Bank im Falle einer Zwangsvollstreckung nur so viel Geld über die Grundschulden geltend machen kann, wie ihr laut Darlehensvertrag zusteht.
Verkauft die Bank aber das mit der Grundschuld gesicherte Darlehen an einen Investor, so wird zwar die Grundschuld mit übertragen, nicht aber der zwischen der Bank und dem Darlehensnehmer bestehende Sicherungsvertrag. Dies bedeutet, dass die Vereinbarungen aus der Sicherungsabrede für den Erwerber der Grundschuld nicht unmittelbar gelten.
Allerdings ist der Investor dann an die Absprachen aus dem Sicherungsvertrag gebunden, wenn er hiervon Kenntnis erlangt hat. Davon ist auszugehen, da die Bank verpflichtet ist, den Investor über die Werthaltigkeit des Darlehens und damit auch über etwaig bestehende Sicherungsabreden zu informieren. Kommt die Bank ihrer Hinweispflicht nicht nach, so macht Sie sich ihren Kunden gegenüber schadensersatzpflichtig. Zudem wäre es praxisfern, bei Bestehen eines Darlehens mit eingetragener Grundschuld nicht auch vom Bestehen eines Sicherungsvertrags auszugehen.
Welche Gefahren drohen?
Soweit der Kredit ordnungsgemäß bedient wird, muss mit keinerlei Konsequenzen gerechnet werden. Bislang sind keine Fälle bekannt, in denen privaten Darlehensnehmern trotz regelmäßiger Zahlung die Zwangsvollstreckung angedroht wurde. Sollte der neue Gläubiger dennoch die Zwangsvollstreckung betreiben, so besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage, mit der alle Einwände gegen die Zwangsvollstreckung angebracht werden können. Im Eilverfahren kann angeordnet werden, dass die Zwangsversteigerung sofort eingestellt wird.
Darlehensnehmer, die ihre Kredite nicht mehr vertragsgemäß bedienen können, müssen dagegen mit der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rechnen. Diese Gefahr hätte allerdings auch bei der „Hausbank“ bestanden, auch wenn diese sich in Bezug auf eine Stundung der Zahlung wahrscheinlich wesentlich kulanter verhalten hätte, als ein internationaler Finanzinvestor.
Wie verhalte ich mich am besten?
Soweit Sie vor dem Abschluss einer Finanzierung stehen und den späteren Verkauf Ihres Kredits ausschließen wollen, müssen Sie mit Ihrer Bank über die Aufnahme einer Abtretungs-Ausschlussklausel in den Darlehensvertrag verhandeln. Stattdessen können Sie mit Ihrer Bank auch vereinbaren, dass statt der Grundschuld im Grundbuch eine Hypothek eingetragen wird. Diese ist – im Gegensatz zur Grundschuld – sehr eng an die Forderung gekoppelt. Durch die Rückzahlung nimmt auch die Höhe der Hypothek ab. Wird die Forderung komplett beglichen, so hat der Darlehensnehmer die Möglichkeit der Löschung der Hypothek. Einreden gegen die Forderung können auch gegen die Hypothek geltend gemacht werden.
Bei bereits abgeschlossenem Darlehensvertrag und fehlendem Abtretungsverbot besteht die Möglichkeit der Nachverhandlung. Sie vereinbaren mit Ihrer Bank schriftlich (!), dass diese auf die Abtretung von Forderungen einschließlich Grundschulden verzichtet. Sie können mit ihr auch vereinbaren, dass die Grundschuld in eine Hypothek umgewandelt wird.
Gegen eine Abtretung Ihres Darlehens können Sie sich nicht wehren, soweit Ihr Darlehens- bzw. der Sicherungsvertrag hiergegen keine Handhabe zulässt. Soweit Sie Ihrer Zinspflicht ordnungsgemäß nachkommen, sollte Ihnen aber nichts passieren. Im Falle von Zahlungsschwierigkeiten ist aber damit zu rechnen, dass sich ein Finanzinvestor nicht so kulant zeigen wird, wie Ihre Hausbank, da die Käufer von Darlehen in erster Linie an der Verwertung der Sicherheit und nicht an einer langjährigen Fortführung der Geschäftsbeziehungen interessiert sind.
Reaktionen des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber, der diese Art des Kreditgeschäfts erst möglich gemacht hatte, indem er 2002 den Verkauf von Krediten an Investoren ohne Banklizenz legalisierte, hat angekündigt, den Kreditnehmer bei einem Verkauf seiner Darlehensforderung besser zu schützen. Insbesondere sollen in dem zu erlassenden Gesetz die folgenden Punkte geregelt werden:
Laut Stellungsnahme des Bundesjustizministeriums wird mit einer Verabschiedung des neuen Gesetzes ab April 2008 gerechnet. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Gesetzgeber an die jetzt eilig gegebenen Versprechen hält und die Situation der Bankkunden verbessert.